Asien

"Grund zur Sorge": Russische Analysen der Unruhen in Iran

Versucht der Westen gerade, Iran durch eine gesteuerte Farbenrevolution zu destabilisieren und als geopolitischen Akteur zu neutralisieren? Iran ist zu einem wichtigen Partner Russlands geworden. Russische Analysten sind angesichts der aktuellen Ereignisse besorgt.
"Grund zur Sorge": Russische Analysen der Unruhen in IranQuelle: www.globallookpress.com © Paul Zinken/dpa

Die Massenproteste und Unruhen in Iran dauern inzwischen den sechsten Tag in Folge an. In einigen Städten ist es zu Ausschreitungen, Zusammenstößen mit Sicherheitskräften und Angriffen auf Regierungseinrichtungen gekommen. Angesichts der besonderen Bedeutung, die Iran in russischen geopolitischen Kalkulationen zukommt, wächst in Moskau die Sorge, dass ein wichtiger außen- und sicherheitspolitischer Partner amerikanischen Umsturztechnologien zum Opfer fallen könnte. RT DE gibt dazu im Folgenden die Zusammenfassung analytischer Ausarbeitungen wieder, wie sie unter anderem auf dem Telegram-Kanal Rybar zusammengetragen wurden. 

Was ist da los?

Auslöser der Proteste war der Tod einer 22-jährigen Frau, Mahsa Amini, die letzte Woche von der Sittenpolizei wegen angeblichen Verstoßes gegen das sogenannte Hidschab-Gesetz festgenommen wurde. Unmittelbar danach soll sie ins Koma gefallen und später verstorben sein. Die Einzelheiten sind nach wie vor unklar. Den Tod machte ein Verwandter der jungen Frau am 16. September öffentlich. Schon am nächsten Tag kam es zu ersten öffentlichen Protesten gegen das Hidschab-Gesetz und die vermutete Willkür der Sittenpolizei.

Nach zwei Tagen relativ friedlicher Kundgebungen mischten sich Mitglieder der Opposition und Mitglieder radikaler, aus dem Ausland unterstützter Gruppen unter die Protestierenden. In verschiedenen Orten begannen Demonstranten, die offiziellen Symbole Irans zu zerreißen und zu zerstören, Fahrzeuge in Brand zu setzen, Polizeistationen anzugreifen und Straßen für den Verkehr zu blockieren.

Nach Angaben der iranischen Behörden sind kurdische Milizen und Mitglieder terroristischer Organisationen an bewaffneten Aufständen und Angriffen gegen die Regierungstruppen beteiligt. Die Aufständischen werden offenbar von Saudi-Arabien sowie von Medien unterstützt, die durch Israel kontrolliert werden.

Westlichen Medienberichten zufolge wurden bei den Zusammenstößen mehrere Dutzend Menschen getötet und verletzt. Nach Angaben "unabhängiger" Menschenrechtsorganisationen sollen allein in Iranisch-Kurdistan in den letzten Tagen vier Kurden getötet und 75 verwundet worden sein.

Was auffällt, ist die von Anfang an hohe Intensität der westlichen Berichterstattung über den Fall der verstorbenen Frau und über die darauffolgenden Unruhen. So publizierte der Spiegel zwischen dem 16. und dem 22. September, also binnen 7 Tagen, 12 Artikel zum Thema auf seiner Online-Plattform - der erste war wenige Stunden nach Bekanntwerden des Todesfalls am 16. September erschienen. 

Die iranische Führung hat den Internetzugang in Teilen des Landes eingeschränkt, um die Verbreitung provokativer Fotos und Videos zu bekämpfen, und Instagram gesperrt, über das der Aufstand koordiniert wurde.

Wo ist der Haken?

Die Situation selbst ist ein Präzedenzfall. In Iran kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen der Sittenpolizei und einfachen Bürgern. Manchmal enden sie mit Verletzten oder sogar mit Toten. Zu einem Aufstand oder einer offenen Konfrontation ist es deshalb bislang nie gekommen.

Was mit Mahsa Amini überhaupt geschehen ist, muss noch ermittelt und dokumentiert werden. Der Neurochirurg und der Arzt, die ihren Körper untersucht haben, widersprechen der Theorie, dass sie geschlagen wurde.

Die Tatsache, dass ihr Fall als Vorwand genutzt wurde, sowie das zeitgleiche Aufgreifen des Themas durch westliche Nachrichtenagenturen und Gegner der derzeitigen Regierung deuten auf zuvor geplante Aktionen zur Destabilisierung Irans hin.

Aussichten

Die Aktionen der Randalierer wurden über soziale Medien und das Internet koordiniert. Die Demonstranten berichteten online vom Ort des Geschehens und zeigten "die Wahrheit, die sie über die Grausamkeiten der iranischen Sicherheitskräfte brauchten".

Gleichzeitig haben westliche Medien innerhalb von zwei Tagen zweimal Gerüchte über den Tod von Ayatollah Chamenei in die Welt gesetzt, um Panik unter den Behörden und den Anhängern der derzeitigen Führung zu schüren.

Die Opposition hat sich vor allem auf den Nordwesten Irans konzentriert, wo ethnische Minderheiten wie Kurden und Aseris leben. In einigen Städten haben Demonstranten Flaggen des "unabhängigen Kurdistans" und Aserbaidschans gehisst.

Die Opposition hat es jedoch nicht geschafft, eine echte Bedrohung für die iranische Regierung darzustellen. Die Abschaltung des Internets und die aktive Einschaltung der Sicherheitskräfte halfen den Behörden, die Situation unter Kontrolle zu bringen.

Die Proteste gehen weiter, nun aber mit geringerer Intensität. In Teheran, Maschhad und Hamadan fanden Kundgebungen zur Unterstützung der derzeitigen Führung und gegen die Streikenden und Anstifter der Unruhen statt.

Gleichzeitig haben die aktuellen Ereignisse gezeigt, dass der gemäßigt-konservative Kurs Irans zu scheitern droht und immer mehr Menschen unzufrieden sind. Selbst in der Hochburg des konservativen Klerus, der zweitwichtigsten Stadt des Landes Maschhad, gab es in den zurückliegenden Tagen regierungskritische Demonstrationen.

Die iranischen Behörden, so schlussfolgern die russischen Analysten, sollten die Stimmung in der Bevölkerung und den externen Destabilisierungsfaktor nicht unterschätzen. Gepaart mit den Aktivitäten von Separatisten und Radikalen, stellen sie ein explosives Gemisch und eine ernsthafte Bedrohung für die iranischen Behörden dar, wofür unverzüglich eine Lösung gefunden werden muss.

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